SYMPOSIUM

Neue Nachbarschaften. Formen künstlerischen Handelns im Zeichen der Migration

Vor dem Hintergrund weltweiter Flüchtlingsbewegungen und einer Integration von geflüchteter Menschen in Deutschland rückt das Symposium die Möglichkeiten und Potentiale künstlerischen Handelns in den Mittelpunkt.
In Vorträgen, Projektpräsentationen und Lesungen berichten zeitgenössische KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen über ihre Erfahrungen an der Schnittstelle von Kunst, Forschung und Alltag.

Das Symposium präsentiert künstlerische Initiativen und stellt Konzepte zur Diskussion, welche die gesellschaftlichen Möglichkeiten ebenso wie die positiven
Wechselwirkungen von Kunst und Migration zur Sprache bringen.

KONTAKT & ANMELDUNG

Aufgrund der begrenzten Teilnehmerzahl ist eine schriftliche Anmeldung per E-Mail an kontakt@bielefelder-kunstverein.de oder per Fax (+49 (0)521.17 88 10) erforderlich. Die Teilnahme am Symposium ist kostenfrei.

Marina Naprushkina, Arrivals, 2015-2016, 100 Linoldrucke, Marina Naprushkina und Neue Nachbarschaft//Moabit, Fotodokumentation bei der Arbeit, Courtesy die Künstlerin, Foto: Marina Naprushkina

Marina Naprushkina

»Neue Nachbarschaft//Moabit«
Die Initiative »Neue Nachbarschaft//Moabit« wurde im Jahr 2013 gegründet. Heute besteht sie aus über 400 aktiven Mitgliedern. Sie ist ein Bildungsprojekt, ein Kulturzentrum für die Nachbarschaft aus der ganzen Welt. Die Initiative hat eine rein ehrenamtliche Struktur, die auf Selbstorganisation basiert, keine staatlichen Gelder bezieht und damit unabhängig politisch agiert. In ihrem Vortrag berichtet die Künstlerin Marina Naprushkina über die Entstehung der Initiative, ihre laufenden Projekte und welche Rolle die Kunst dabei spielt. Sie liest zudem aus ihrem Buch »Neue Heimat?«, erschienen 2015 im »Europa Verlag«. Das Buch ist eine Bestandsaufnahme des Berliner Flüchtlingsalltags. Andreas Kilb bezeichnete es in der FAZ als »das Buch der Stunde«, das zeigt wie deutsche Willkommenskultur wirklich aussieht.

Marina Naprushkina, geboren in Minsk (Belarus), studierte Kunst in Minsk, Karlsruhe und an der Städelschule in Frankfurt/Main. Im Jahr 2007 gründete sie »Das Büro für Antipropaganda« mit der Absicht, die Arbeitsweisen und den Einfluss der modernen politischen Ideologien aufzudecken und die Strategien durch künstlerische Techniken aufzubrechen. 2013 gründete Naprushkina die Initiative "Neue Nachbarschaft//Moabit", die zu einer der größten Flüchtlingsinitiativen Berlins wuchs. 2015 erhielt Naprushkina den Sussmann Award. Naprushkinas Arbeiten wurden u.a. ausgestellt auf der Kyiv Biennale (2015), 7. Berline Binaale (2012), 5. Bucharest Biennale (2012) 11. Istanbul Biennale (2009) sowie Agitprop! Brooklyn Museum, New York (2016), Progress and Hygiene, Zachęta National Gallery of Art, Warsaw (2014), Self#governing, Kalmar Konstmuseum (2012), How much Fascism?, BAK, Utrecht (2012), New Frankfurt Internationals, MMK Frankfurt / Frankfurter Kunstverein, Frankfurt/Main (2010).

PROGRAMM

FREITAG, 23. SEPTEMBER 2016

20 Uhr

»Mazzaj« Rap Band (mit Mohammad Abu Hajar)
Veranstaltung in Kooperation mit Nr.z.P.
Ort: Nr.z.P., Große-Kurfürsten-Straße 81, 33615 Bielefeld

SAMSTAG, 24. SEPTEMBER 2016

12 Uhr


Begrüßung und Einführung Thomas Thiel (Direktor, Bielefelder Kunstverein)

  
Vortrag und Gespräch »Tales from the other face«Mohammad Abu Hajar (Musiker und Aktivist, Berlin)In englischer Sprache

Pause

13:30 Uhr

Vortrag »Refugee Phrasebook«
Dr. Markus Neuschäfer (Germanist)
In deutscher Sprache

Pause

15 Uhr

Lesung und Vortrag »Neue Nachbarschaft//Moabit«
Marina Naprushkina (Künstlerin, Berlin)
In deutscher Sprache

16:30 Uhr

Kurzführung durch die Ausstellung

17 Uhr

Ende der Veranstaltung

Mohammad Abu Hajar

Mohammad Abu Hajar

»Tales from the other face«
Rap ist in Syrien eine fremde Kunst, sagt Mohammad Abu Hajar, Musiker und zugleich Protagonist von Halil Altınderes Video »Homeland« in der Ausstellung »Asylum«. Seine Mazzaj Rap Band war einer der politisch engagiertesten Gruppen einer kleinen, aber ehemals sehr lebendigen syrischen Rap-Szene, die nun im Exil in Berlin fortbesteht. Nach Inhaftierung und Folter floh Abu Hajar 2012 aus Syrien. Der Sound der Mazzaj Rap Band verbindet »westlichen« Hip Hop mit traditioneller Dabke-Musik. Die Texte übten damals Kritik an hohen Lebenshaltungskosten und eingeschränkter Freiheit. Heute setzen sie sich mit den Erfahrungen einer notgedrungenen Migration, den Verbrechen des Assad-Regimes und Gründen für das Scheitern einer syrischen Revolution auseinander.
In seinem Vortrag über die syrische Rap-Szene und die Aktivitäten der Mazzaj Rap Band skizziert Abu Hajar die Möglichkeiten künstlerischen Handelns im Widerstand gegen ein politisches System. Im anschließenden Gespräch mit Thomas Thiel, (Direktor des Bielefelder Kunstvereins) kommen auch seine Erfahrungen in Deutschland und die Notwendigkeit seiner Doppelrolle als Künstler und Aktivist zur Sprache.

Mohammad Abu Hajar, geboren 1987 in Syrien, ist Journalist, Musiker und Aktivist. Er begann zunächst in Syrien politische Ökonomie zu studieren und schloss sein Studium mit dem M.A. in Italien ab. Mittlerweile wohnt er in Berlin. Aufgrund seiner Militärdienstverweigerung und seiner Raptexte war er gezwungen sein Heimatland Syrien zu verlassen. Zusammen mit seiner Band Mazzaj, die sich bereits 2008 in Tartus, Syrien gründete, setzt er sein politisches Engagement fort. Kürzlich startete sein neustes Projekt »Third Culture«.

Dr. Markus Neuschäfer

Dr. MARKUS NEUSCHÄFER

»Refugee Phrasebook«
Refugee Phrasebook [Flüchtlings-Phrasenbuch] ist ein offenes kollaboratives Projekt. Es bietet eine Sammlung von hilfreichen Phrasen, Vokabeln und Links für Geflüchtete und Helfer, um Ankommende bei der Orientierung nach der Einreise zu unterstützen. Ein Netzwerk von Freiwilligen übersetzt Vokabular zur ersten Orientierung mit einem Grundwortschatz sowie medizinischen und juristischen Themen in 44 Sprachen. Die Übersetzungen und Ressourcen werden als offene Daten und als druckfertige Dateien zur Verfügung gestellt. Sämtliche Materialien sind unter einer offenen Lizenz verfügbar. Flüchtlingsinitiativen, Designer und Helfer können die Daten kostenfrei nutzen und anpassen, um eigene Versionen zu erstellen und diese für Hilfsprojekte verwenden.
Dr. Markus Neuschäfer gehört zum Kernteam von Refugee Phrasebook, das von Argentinien, Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden und Österreich aus agiert und koordiniert. In seinem Vortrag präsentiert Neuschäfer die Entwicklung und diskutiert die Möglichkeiten dieses offenen, digitalen Projekts.

Dr. Markus Neuschäfer promovierte in Germanistik, war an der Uni Göttingen tätig und arbeitete als Business Development Manager im Verlagswesen. Er engagiert sich für offene Daten in Wissenschaft und Kultur; besonders interessiert ihn die Entwicklung von Sichtbarkeit mit freien Inhalten. Er unterstützt die Freiwilligen Plattform refugeephrasebook.de mit Webdesign und Koordination.