Tamar Guimarães
»Tropical blow up«, 2009
Video, S/W, ohne Ton, 4:45 min
Courtesy die Künstlerin

Tamar Guimarães

11. Februar 2011 – 10. März 2011

Eingeladen von Jacob Fabricius (Direktor Malmö Konsthall, Malmö, Schweden)

»Tropical blow up« (2009)

Tamar Guimarães (geboren in Belo Horizonte/lebt und arbeitet in Kopenhagen) arbeitet mit Film, Ton und Installationen. Ihre Arbeiten basieren auf vorbereitenden Recherchen–häufig unter Verwendung gefundener Materialien: gefundenes Bildmaterial, Gegenstände und Dokumente, die sich auf berühmte oder auch auf unbekannte Personen beziehen. Diese Materialien werden dann modifiziert, neu kombiniert, strukturiert, in Szene gesetzt und als Fallstudien präsentiert, um so zu assoziativen Erzählsträngen in Dokumentar– oder semi-dokumentarischen Filmen, Aufnahmen und Installationen zu werden. Mit dieser Vorgehensweise untersucht Guimarães soziale und politische Strukturen.

Der Schwarz-Weiß-Stummfilm »Tropical blow up« basiert auf zwei Bildern aus brasilianischen Boulevardzeitschriften der 1960er Jahre und auf Guimarães' eigenen Fotografien. Die Bilder hat sie im Staatsarchiv in São Paulo unter der Rubrik »städtische Kriminalität« gefunden. Auf dem ersten Foto deutet ein Mann auf eine Lichtung im Wald, wo etwas oder jemand einmal war oder hätte gewesen sein sollen. Auf der zweiten Aufnahme liegt eine halbnackte und teilweise verstümmelte Frauenleiche auf dem Boden, einen Schuh trägt sie noch am Fuß, während zwei ältere Leute, die die Leiche vermutlich entdeckt haben, auf sie zeigen. In »Tropical blow up« wird dieses grausame Bild so zerstückelt, dass der Betrachter in zwei verschiedenen Einstellungen nur einen kleinen Teil des Schuhs der Frau und einen Teil ihrer Hand sieht. In Verbindung mit Guimarães' eigenen Laub– und Gartenansichten wird daraus eine traumhafte, spirituelle und unheimliche Erfahrung.

»Tropical blow up« bezieht sich auf zwei traditionelle Funktionen der Fotografie – zum einen auf die eingehende Prüfung einer fotografischen Aufnahme auf ihre dokumentarische Aussagekraft hin, zum anderen auf die Tradition der Geisterfotografie, die in diesem »tropischen« Rahmen daran erinnert, dass die ätherischen Praktiken des Spiritismus und der Kommunikation mit den Toten zu einer Welt gehören, in der ein Leben häufig nicht viel Wert besitzt.

Text: Jacob Fabricius