Ryan Trecartin
(Tommy Chat Just E-Mailed Me.), 2006
Video, Farbe, Ton, 07:21 Min.
Courtesy der Künstler und Elizabeth Dee, New York

 

Ryan Trecartin

15. OKTOBER – 04. NOVEMBER 2009

Eingeladen von Marc Glöde (Kurator, Kritiker und Filmwissenschaftler, Berlin)

»(Tommy Chat Just E-Mailed Me.)« (2006)

Als Ryan Trecartin darum gebeten wurde, seinen Film »(Tommy Chat Just E-mailed Me.)« näher zu beschreiben, fasste er diesen als »narrative video short that takes place inside and outside of an e-mail« (»eine kurze Videoarbeit mit narrativen Elementen, die innerhalb und außerhalb einer E-Mail-Korrespondenz stattfindet«) zusammen. So kurz diese Umschreibung ist, so präzise erfasst sie einen Aspekt, der für Trecartins Arbeit eine gewichtige Rolle spielt: Der Fokus seiner Videoerzählung liegt für ihn nicht vorrangig auf klassisch filmischen Aspekten, wie einem spezifischen Ort, oder auf verschiedenen Charakteren, sondern vor allem auf jenem Zustand, sich innerhalb und außerhalb der elektronischen Kommunikation zu befinden.

Zwar erkennen wir in seiner Arbeit durchaus noch Apartments, Hotelräume oder ein Haus am See – grelle Orte, die von schrill stilisierten Charakteren wie Beth, Pam, Tammy und Tommy bevölkert sind, und von Trecartin oft ohne Rücksicht auf männliche und weibliche Geschlechterrollen selber verkörpert werden –, trotzdem sind dies eher Faktoren von geringerer Bedeutung.

Die Aufmerksamkeit verschiebt sich hier stattdessen immer wieder zu jener an Internetforen, Chats oder E-mail-Formeln ausgerichteten Kommunikationsebene, welche gesprochen oder als grell-bunte Textanimation inszeniert wird. Dabei ist interessant wie der dadurch entstehende kontinuierliche Kommunikationsfluss nicht zu einer Kakophonie ausartet, sondern vielmehr Differenzen von Orten, Charakteren oder Handlungen glättet und uns so, fast wie im Internet, über verschiedene Netzoberflächen gleiten lässt. Im Video entsteht damit ein rhythmisierter Fluss, der sich oft zu einem geradezu hypnotisierenden Ganzen verbindet. Mit diesem Video zeichnet Trecartin nicht weniger als ein unserer Zeit entsprechendes Portrait der neuen, jungen und digitalen Welt.

Text: Marc Glöde