Marina Gioti
B-ALLES, 2005
Video, Farbe, Ton, 2:00 Min.
Sound: Coltnoi
Courtesy die Künstlerin

 

Marina Gioti

14. November – 02. Dezember 2009

Eingeladen von Katerina Gregos (Kuratorin und Autorin, Gründerin und Direktorin von The People’s Cinema, einem internationalen Podium für mit Film und Video arbeitende Künstler, Brüssel)

»B-ALLES« (2005)

In ihren Videoarbeiten verwendet Marina Gioti häufig einem breiten Themenspektrum entnommenes Found-Footage- Material, das sie durch minimale, aber entscheidende Interventionen hinsichtlich des Tons oder des Schnitts manipuliert, um mit den so erzeugten Bedeutungsverschiebungen auf die Semantik der jeweiligen Bilder aufmerksam zu machen.

In »B-Alles« ist ihr Sujet ein griechischer Fernsehwerbespot aus den frühen 1980er Jahren, der für «Trac-Ball» warb – ein Spiel mit Schläger und Ball, das auf dem Markt durchfiel. Der Werbespot stellt eine Westküsten-Strandatmosphäre nach, wie man sie mit Kalifornien verbindet, komplett mit den üblichen Klischees vom sorglosen Spaß im Sonnenschein. Die in intensiver Nachbearbeitung entstandenen stakkatohaften Schnitte und rasend schnellen Bildwiederholungen zielen im Zusammenspiel mit dem energiegeladenen, fröhlichen, sich zunehmend beschleunigenden Soundtrack auf eine Betonung der verkitschten Qualität des Werbespots und des darin vermittelten Gefühls einer verstärkten freudigen Erregung ab. Insofern ist Coltnois musikalische Manipulation von «California über Alles», dem bekannten Song der einflussreichen Punkband The Dead Kennedys, gegen den die Originalmusik des Filmmaterials ausgetauscht wurde, der zentrale Aspekt des Werks. Schnitt und Ton betonen in ihrem - beinahe perfekt synchronisierten - Zusammenspiel noch zusätzlich die naiven und doch archetypischen Klischees, die diese in nichts vom Üblichen abweichende Form der Werbung – bereits eine Typologie an sich – seit langem verbreitet: eine übertriebene Atmosphäre von Euphorie und den Mythos von körperlicher Perfektion, Gesundheit, Jugend, Glück und Schönheit.

Diese Arbeit macht jedoch nicht nur auf die Funktionsweise – das «Wie» - dieser Bilder aufmerksam, sondern sie vermittelt auf einer zweiten Ebene auch eine Vorstellung davon, wie die amerikanische Konsumkultur weltweit Kulturen infiltriert und wie sie, insbesondere in Ländern wie Griechenland an der so genannten ‘Peripherie’, fraglos als Lifestyle-Vorbild übernommen wurde. In Fortsetzung dieses Gedankens lässt sich diese Videoarbeit auch als klischeehafte Visualisierung dessen verstehen, wie amerikanische Produkte und Trends durch die Verbreitung von Sehnsuchtsvorstellungen in unser kollektives Unterbewusstes eingepflanzt wurden. Zugleich lädt uns »B-Alles« zur Reflektion über die Bedingungen, die sowohl das zu betrachtende Schauspiel als auch den Betrachter abgrenzen oder definieren, ein.

Text: Katerina Gregos