Jens Pecho
»Medley« (2008)
Video/Soundinstallation, s/w, Ton, 7 min, im Loop
Courtesy Jens Pecho

Durch die starke Komprimierung und Verwendung unterschiedlicher Codes, werden Videos im Internet häufig anders dargestellt. Besonders auffällig ist dies bei »Medley«. Um zwei Darstellungsweisen zu vergleichen, schauen Sie sich bitte auch die Java-Version des Videos an, welche den Lauftext besser darstellt als die Flashvariante » Link zum Video

Jens Pecho

20. MÄRZ – 07. APRIL 2009

Einladung von Matthias Müller (Professor für experimentellen Film, Kunsthochschule für Medien, Köln)

»MEDLEY« (2008)

Über den schwarzen Screen eines Monitors läuft ein weißer Fließtext, der sich erst beim Aufsetzen der Kopfhörer als die Transkription der Lyrics von HipHop-, Black Metal- und anderen Stücken identifizieren lässt. Jens Pecho arrangiert in seinem Video mit dem harmlosen Titel »Medley« (2008) 143 kurze Musikfragmente verschiedener Genres in einer neuen Komposition. Es ist eine gängige Strategie des Found Footage, verborgene Subtexte in medialem Fremdmaterial freizulegen. Pecho dagegen konzentriert sich in seiner Auswahl »toxischer Artefakte« (Sharon Sandusky) auf das Offensichtliche: den unverhohlenen homophoben Gehalt massenhaft verbreiteter Produkte bestimmter Segmente der Popkultur. Hinter der drastischen, obszönen Sprache, die »Medley« zitiert, scheint dabei etwas nach konventionellem Verständnis dezidiert Unmännliches auf: Hysterie nämlich, die nackte  Angst vor der Entmännlichung. Herausfordernder, subversiver als jeder theoretische Diskurs es vermag, führt Pechos Konzentrat die brisante ideologische Ladung und Wirkungsmacht von Produkten vor, die auf einem globalisierten, vorwiegend jugendlichen Markt ihre bewusstseinsbildende Kraft entfalten dürfen. »Medley« enthält sich dabei jeglichen distanzierenden Betroffenheits-Kommentars und pädagogischen Appells. Pecho adaptiert vielmehr das forcierte Tempo und die plakativen Mittel seines Referenzmaterials. In einem radikalen Akt der Aneignung reklamiert er dasselbe Recht auf künstlerische Freiheit, auf das sich offen homophobe Künstler gern berufen, wenn ihre Aufrufe zur Verunglimpfung, Verfolgung und Ermordung Schwuler öffentliche Kritik erfahren.

Matthias Müller