Masha Godovannaya
»Untitled #1«, 2005
Super8 auf MiniDV/DVD, Ton, S/W, 4:00 Min.
Ton: LU
Courtesy die Künstlerin

Masha Godovannaya

05. März – 01. April 2010

Eingeladen von Georg Elben (Freier Kurator, Videonale Bonn)

»Untitled #1«, 2005

Das blinkende Ampelmännchen steht am Beginn, wie ein klassischer Prolog. Das Video von Masha Godovannaya scheint aus einer anderen Zeit zu stammen, auch aus einem fremden Land – es zeigt den Nevskiy Prospect in St. Petersburg. Aufgenommen mit Super8, haben die Bilder die typischen unscharfen und ausgefransten Ränder. Der Schnitt ist effektiv: Durch mehrmalige Wiederholungen von Bild und Ton erreicht die Künstlerin eine rhythmisch abgehackte Choreografie, die das Video im Kern auf wenige Tanzschritte verdichtet. Die dynamische Gitarrenmusik bleibt als Ohrwurm im Kopf und mindert die Tristesse der schwarz-weißen Bilder.
Gibt es einen Unterschied zu einem Musikvideo? Nicht wirklich, auch wenn es nur schwer vorstellbar ist, dass »Untitled #1« bei MTV läuft. Der Film wird von seiner schillernden Protagonistin und der treibenden Musik bestimmt, und mit seiner Aufmerksamkeit erzwingenden Direktheit kann er sich auch auf der Webseite und im Foyer des Bielefelder Kunstvereins durchsetzen.
Die Hauptdarstellerin wirkt ambivalent, auch beim dritten Anschauen: Ein junges Mädchen tanzt aufreizend auf der Straße, hart und zugleich verführerisch. Sie blickt den Betrachter immer wieder herausfordernd an. Das Mädchen befindet sich in einem prekären Alter, in dem die kindliche Verspieltheit von sexueller Attraktivität überlagert wird. Dieses Alter hat (nicht nur) Künstler immer schon fasziniert, doch die Grenzbereiche dessen, was erlaubt und was verboten ist, scheinen heute zu verschwimmen. Ob Aufführungen von Nabokovs Lolita oder das von Richard Prince wiederverwertete Foto der nackten Brooke Shields, diese Grenzbilder werden im Feuilleton zunehmend verunsichert besprochen. Was ist unverfänglich, was normal, darf die Kunst mehr als etwa die Werbung und wie verhält man sich als Betrachter dazu angemessen – diese Fragen sind im Video untergründig präsent.

Text: Georg Elben